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Das Wutachgebiet ist Exkursionsziel vieler Studenten- und Schülergruppen, von
Amateurgeologen und Paläontologen, Wissenschaftlern und "Aktivurlaubern". Nicht
zu Unrecht! Die Landschaft um Wutach und Gauchach, Aubächle und Krottenbach wird gerne
als "aufgeschlagenes Lehrbuch der Geologie" bezeichnet. Auch heute noch
sind die Kräfte der Natur augenfällig am Werk. Einige gewaltige Erdrutsche in jüngster
Zeit sind berühmt geworden: Ein 50 ha-Erdrutsch am Westhang des Eichbergs im Januar 1966
oder ein Erdrutsch am Buchberg 1976, der das "Wellblechsträßle" (der Name
weist schon auf die unruhige Gegend hin) für fast 4 Jahre unpassierbar machte. Schuld an
der Rutschfreudigkeit der Gegend sind quellfähige Tone, vor allem der
"berüchtigte" Opalinuston des unteren Doggers. Weitere Zeugnisse für die
"aktive Geologie" des Wutachgebietes sind: |

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ein massiver Felsabbruch vom großen Kanzelfelsen im Winter 1980/81; der
Felssturz am Rümmelesteg von 1953, der die damalige Versickerungsstelle offenbar
verstopfte; diverse Hochwasser, die immer mal wieder Brücken mit sich rissen, in
jüngster Zeit gleich zweimal den Rümmelesteg. |
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Wandert man auf einen der Aussichtspunkte im Wutachgebiet, z. B. den Hochfirst, den
Roßhag, Eichberg oder Buchbergsturz oder fliegt gar mit dem Flugzeug darüber, so fällt
natürlich die bis zu 170 Meter tief eingeschnittene Schlucht auf; man erkennt aber
durchaus auf höherem Niveau noch eine flachere, ehemalige Talsohle, besonders deutlich
zwischen Eich- und Buchberg.
Wie ist das zu erklären? Man nimmt heute an, dass die Wutach erst seit ungefähr 70.000
Jahren ein Nebenfluss des Hochrheins ist, bis dahin aber - rund 200 Meter höher gelegen -
Quellfluss der Donau bzw. ein Nebenflüsschen der Rhone-Aare-Donau war. Ursprünglich lag
ihr Quellgebiet wohl im Bereich von Kandel und Jostal; mit dem Aufsteigen des
Schwarzwaldes als Mittelgebirge im Tertiär verlagerte es sich in das Feldberggebiet, der
weitere Flusslauf folgte größtenteils aber immer noch dem sogenannten Bonndorfer Graben
nach Osten, was an den mächtigen Schotterablagerungen bei Ewattingen und Bachheim
erkenntlich ist. |
(Der Bonndorfer Graben ist eine Bruchzone zwischen denVulkanlandschaften
des Kaiserstuhls und des Hegaus.) Das gleiche geologische Ereignis führte auch vor
zirka 5 Millionen Jahren zu einer Umlenkung der Aare nach Westen; die Donau wurde ihres
Quellflusses "beraubt" und die Feldberg-Wutach trat an ihre Stelle. Doch das war
- wie zuvor schon angedeutet - nicht von Dauer; die Wutach brach nach Süden aus wie z.B.
auch Schwarza, Mettma und Schlücht. Die Kerbe in der Rhein-Donau-Wasserscheide am
damaligen Buchbergfuß wurde durch das starke Gefälle der Wutach an der Überlaufstelle
immer weiter vertieft. Inzwischen ist die rückschreitende Erosion - 70.000 Jahre reichten
aus - bis zum Hochfirstdurchbruch bei Neustadt gekommen und hat gewaltige Geröllmassen
ausgeräumt. Dabei entstanden die für die Wutach charakteristischen steilen, oft
senkrechten Felshänge (Rappfelsen, Rümmelefelsen usw.), die hin und wieder abstürzen,
wenn sie von der Wutach genügend unterspült wurden. Das wird noch Jahrtausende gehen,
bis überall ein stabiler Böschungswinkel erreicht sein wird. Die Kraft der Erosion ist
stark von der Wassermenge des Flusses abhängig, man sieht dies deutlich an den
Seitendobeln, die häufig nur recht kurz sind und nicht weit von der Wutach einen kleinen
Wasserfall aufweisen (Tanegger oder Boller Wasserfall); eine Ausnahme bildet die 18 km
lange Gauchachschlucht, die in Schönheit und Wildheit der Wutach in nichts nachsteht.
Verfolgt man den Lauf der Wutach, so stellt man unschwer fest, daß die Wutach mehrere
geologische Schichten und entsprechende Gesteine durchschneidet, die mehr oder weniger
parallel laufen und nach Osten geneigt sind; Die jüngsten Schichten sind am weitesten
östlich gelegen. Sie entstanden im Verlauf des Wechsels von Festland und Meer. |
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Die älteste Schicht wird gestellt von Gneisen, Granit und Porphyren des sogenannten
Grundgebirges, die aus dem Erdaltertum stammen, das vor 225 Millionen Jahren sein Ende
fand. Der Geologe und Mineraloge erkennt in der oberen "Urgesteinschlucht"
magmatische Gesteine aus Quarz, Glimmer, Feldspat und metamorphe Gesteine (Gneise). Das
Grundgebirge wurde gegen Ende des Erdaltertums völlig eingeebnet. Seine Zeugnisse treffen
wir vom Quellgebiet bis etwa zum Räuberschlössle und noch einmal in der Lothenbachklamm
und in Kiesgruben. Das Erdmittelalter brachte eine fortschreitende Ausdehnung der Meere
und damit eine Überflutung der Rumpflandschaft; unser Gebiet wurde allerdings im letzten
Drittel des Erdmittelalters, vor ungefähr 150 Millionen Jahren, endgültig Festland. |
Die Meere sorgten für die Ablagerung von weiteren Schichten, das sogenannte
Deckgebirge (über dem Grundgebirge): Es besteht vor allem aus Sedimentgesteinen,
zusammengepresstem Schutt, Geröll, Sand und Ton, sodann aus organischen Niederschlägen
wie Steinsalz, Gips, Anhydrit, Mergel, Kalk, Dolomit, versteinerten Schalen oder
Skelettresten von Tieren. Buntsandstein kommt bis knapp unterhalb der Schattenmühle vor.
Von der Glockenwiese bis etwa zur Gauchachmündung durchwandert man die
Muschelkalkschlucht (dort finden sich die sogenannten Trochitenkalke aus Stieltrommeln von
Seelilien aus dem Tierstamm der Stachelhäuter). |
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Oberhalb und unterhalb der Wutachmühle begleitet uns der Keuper mit
marinen und kontinentalen Ablagerungen. Bei Aselfingen erreicht man nach dem Lias die
Doggerlandschaft, während man schon Eich- und Buchberg hinaufsteigen muss, um zur
obersten Juraschicht, dem Malm, zu gelangen. In den tiefer gelegenen Flühen begegnet man
nochmals dem Muschelkalk; der darüber aufsteigende Randen vertritt wieder den Jura. |
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